meilensteiner-Blog Personalentscheider und Ausbildungsverantwortliche
In loser Reihe befragen wir hier im meilensteiner-Blog Personalentscheider und Ausbildungsverantwortliche zu Erfahrungen im Umgang mit Azubis und den besonderen Herausforderungen im Tagesgeschäft. Diese Erfahrungen möchten wir Ihnen mit auf den Weg geben, denn das Lernen von den Besten ist unser Anspruch für Sie.
Heute sprechen wir mit Gabriele Bautz. Sie ist Personalleiterin und Leiterin der Ausbildung bei der Unternehmensgruppe Frauenrath in Heinsberg über die wichtige Hege und Pflege des Unternehmensnachwuchses und welche Techniken, Tools und Methoden sich dabei als erfolgreich bewiesen haben.
Techniken, Tools und Methoden
Was macht Ihr Unternehmen, wie groß ist es? Wie viele Auszubildende bilden Sie aus und in welchen Berufen?
Die Unternehmensgruppe Frauenrath in Heinsberg und Bretnig ist Komplettanbieter rund ums Bauen: Wir bieten von der Erschließung der Grundstücke, über den Straßen- und Kanalbau bis hin zum schlüsselfertigen Bauen, der Besicherung von Grundstücken auch die Gestaltung von Außenanlagen. Kurz: wir machen’s schön 🙂
Derzeit beschäftigen wir 430 Mitarbeiter, davon sind gut 40 Auszubildende. Wir bilden in den Berufen Industriekaufmann, Bauzeichner für den Hochbau und den Tiefbau, Straßenbauer, Gärtner Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau sowie Metallbauer Fachrichtung Konstruktionstechnik aus. Als duale Studiengänge bieten wir den Bauingenieur mit der Ausbildung zum Straßenbauer und im Landschaftsbau bieten wir im nächsten Jahr erstmalig das duale Studium „Landschaftsbau und Grünflächenmanagement“ verbunden mit der Ausbildung zum Gärtner der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau an.
Sie legen Wert auf die Hege und Pflege Ihres Nachwuchses. Warum ist es in Ihren Augen besonders wichtig, Auszubildende zu fördern? Wie gehen Sie dabei vor?
Also, die gewissenhafte Einführung in die Unternehmensgruppe Frauenrath starten wir mit einem Einführungstag mit Unterstützung eines externen Trainers. Dieser Einführungstag ist gleichzeitig der Grundstein für unsere „AF-Azubi-Akademie“.
Hierbei geht es darum, was das Unternehmen von den Azubis, aber eben auch umgekehrt, erwartet. Wir schulen unsere Auszubildenden im kleinen Berufsknigge und führen Teambuilding-Maßnahmen durch. Wir möchten, dass sich alle kennen lernen, weil sich die Azubis während ihrer Ausbildung in den verschiedenen Unternehmensteilen auch mal aus den Augen verlieren können. Im April 2015 haben wir in Mönchengladbach zwei Tage mit dem gleichen Trainer aus der Einführungsveranstaltung gearbeitet. Nach dem Einführungstag im August und einer vorangegangenen Veranstaltung im Vorjahr haben sich die Azubis wieder getroffen und die Kontakte erneuert, Erfahrungen ausgetauscht.
Die Akademie ist unser Erfolgsrezept: Workshops, Teamarbeit, Outdoor-Aktivitäten erleichtern die Kommunikation untereinander, den Austausch und bauen Vertrauen auf.
Wir betreuen (potenzielle) Auszubildende bereits im Vorfeld an Schulen und mit „akquirierten“ Praktika. Wir arbeiten eng mit den hiesigen Gymnasien, Real-, Haupt- und Gesamtschulen zusammen. Denn ganz salopp: Wir brauchen nicht nur Häuptlinge, sondern auch Indianer; also Mitarbeiter, die ihre Arbeit nach der Ausbildung fortsetzen und eben nicht studieren möchten. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Schulen werden wir aktiv von Lehrern angesprochen – und dafür sind wir natürlich mehr als offen. In der Berufsorientierung bieten wir Unterstützung an in Form von Berufsinformationen, Bewerbertrainings und der Teilnahme an Speed Datings.
Hinzu kommt unser jährliches Azubiprojekt: eine Projektaufgabe, die die Auszubildenden selbstständig erarbeiten, planen, der Geschäftsleitung vorstellen und umsetzen.
Sehr stolz bin ich auf unser diesjähriges Projekt „Azubis werben Azubis“. Meine „Hasen“ haben das richtig gut gemacht. Eine eigene Facebook-Seite befindet sich im Aufbau und die Azubis haben dafür den „Hut auf“.
Auch sonst: Unsere Azubis übernehmen bei der Organisation für das Stadtfest Verantwortung. Beim Aktionstag wird es einen Parcours geben, wo alle Berufe durch die Azubis vorgestellt werden. Es wird gepflastert, gebaggert und gehämmert – ein großer Erfolg mit hohem Spaßfaktor.
Bei den Projekten arbeiten alle Azubis, die gewerblichen und kaufmännischen, zusammen. Wir lassen u.a. Broschüren entwerfen. Ganz wichtig: die Perspektive der Azubis, sozusagen echte Testimonials.
Und wir sind auf der Azubimesse „Education“. Jedes Jahr.
Unser Anspruch ist es, neugierig auf Frauenrath zu machen und die Auszubildenden selbstmotiviert in die Pflicht zu nehmen. Und das klappt! Das Wichtigste: Man kennt uns.
Welche Tools, Techniken und Methoden haben sich als praktikabel und erfolgreich bewiesen?
Wir haben regelmäßig – dienstags – Unterricht. Wir arbeiten mit internen und externen Lehrern und hierbei bilden die Präsentationen und praktischen Übungen einen wichtigen Part. Für die Gewerblichen hat sich unser sogenannter Sandkasten etabliert: Hier wird das Pflastern, Aufmaß nehmen, Abstecken & Co. gelernt.
Aber auch für unsere Kaufleute halten wir abseits der Bürostühle die Baustelle offen: einen Monat lang. Was das heißt? Blaumann, Schippe!!! Das schmeckt zunächst nicht jedem, aber für das gemeinsame Gefühl bringt es was. Und im Nachhinein wollte bisher jeder Kaufmann verlängern!
Weiterhin machen wir Werksbesichtigungen bei unseren Zulieferer oder besuchen unsere Baustellen. Demnächst fahren wir zum Döppersberg in Wuppertal, ein Riesenprojekt – eine Baustelle mit einem Volumen von 20 Millionen Euro. Wir werden mit der Bahn und dem Wahrzeichen Wuppertals – der Schwebebahn – anreisen. Das ist dann eben nicht nur Arbeit, sondern auch Spaß.
Zukünftig werden unsere Azubis an die Schulen gehen. Ich werde dort Vorträge halten und wir sprechen nicht nur über, sondern vor allen Dingen mit den Azubis. Ich verlasse den Klassenraum und überlasse die Klasse dann unseren Auszubildenden, damit Fragen gestellt werden können, die sonst vielleicht nicht so offen gestellt würden.
Ein sehr wichtiges Instrument ist das „Garantieversprechen“ der Azubis zum Ausbildungsbeginn. Erneuert wird dies nach einem Jahr: Was wurde umgesetzt, was nicht, was kann noch verbessert werden? Hier geht es um Kriterien wie Vertrauen, Einsatz, Flexibilität, Pünktlichkeit, Lernbereitschaft, Spaß an der Arbeit. Das Garantieversprechen bleibt Bestandteil der Ausbildung und wird nochmal in der „AF-Azubi-Akademie“ aufgegriffen. So wird aus dem eher vagen Versprechen zu Beginn der Ausbildung ein richtiger Vertrag, denn Arbeit ist kein Kuschelbereich mehr, sondern der Ernst des Lebens. Die Erfahrung mit der Verbindlichkeit von beiden Seiten tut uns gut – und der Erfolg gibt uns Recht. Wie das funktioniert? Das Garantieversprechen wird am Einführungstag gemeinsam von den jeweiligen Berufsgruppen erarbeitet. Die jährliche Erneuerung erfolgt von jedem einzelnen Azubi alleine und ist wiederum Bestandteil der „AF-Azubi-Akademie“.
Wie sichern Sie die Qualität Ihrer Maßnahmen? Und wie messen Sie die Umsetzbarkeit und Erfolge?
Wir schauen genau hin und passen unser Ausbildungsangebot den Gegebenheiten des Marktes an und fragen uns „Was gibt der Markt her?“ Lernschwache Azubis erhalten selbstverständlich eine – zugegeben aufwändige – individuelle Begleitung.
Es gibt Lernprogramme, die Berichtshefte, Übungen nach der schriftlichen Prüfung, unterstützende Institutionen (abH) usw. Auch das Präsentieren üben wir kontinuierlich. Fördern und fordern ist bei uns keine Floskel. Keiner, der sich mit uns auf die Präsentation vorbereitet hat, geht mit einer schlechteren Note als einer Zwei aus der Prüfung. Ganz klar: Ich bin diejenige, die den ersten Schritt macht, also Unterstützung bietet, das ist ja auch mein Job. Aber ich erwarte auch von den Azubis – die zum Teil ja schon erwachsen sind – dass sie sich selbst einbringen, aber auch Unterstützung einfordern. Sprechenden Menschen kann geholfen werden!
Ganz spannend ist für mich beispielsweise das Lerntagebuch mit den Pflanzen unser Gärtner. Da lerne selbst ich dazu, wenn ich kontrolliere, was die Jungs erarbeitet haben ☺ Unsere Metallbauer haben durch unseren neuen Betriebsleiter ebenfalls nun eine gute fachliche Unterstützung, sodass wir nun in allen Bereichen theoretische und praktische Unterstützung mit unseren eigenen Fachleuten bieten können.
Unter dem Strich bleibt zu sagen, dass die Schule alleine nicht reicht. Auch das Unternehmen muss sich einbringen und kümmern. Denn: Wir möchten unsere Azubis nach der Ausbildung übernehmen! Dies betrifft im Besonderen die Gärtner, Straßenbauer und Metallbauer. Wir betreiben schließlich Nachwuchssicherung in eigenem Sinne.
Welche besonderen und auf Ihr Unternehmen zugeschnittene Events für Sie durch?
Wir haben ja vorhin über die „AF-Azubi-Akademie“, das Stadtfest und die Schultermine gesprochen. Hinzu kommt unser „Dienstagstermin“. Das bedeutet Unterricht hier im Hause. Ganz verbindlich und ohne Ausnahme.
Die Aufführung der Azubis auf der Weihnachtsfeier ist ein jährliches Highlight im Terminkalender. Das Bauhoffest als Familientag oder mit Geschäftspartnern findet regelmäßig im großen Rahmen statt. Das spontane Grillen in der Mittagspause oder nach Feierabend erfreut sich natürlich im Sommer großer Beliebtheit.
Etwa alle zwei Jahre veranstalten wir ein internes Fußballturnier „Ost gegen West“, also unsere Bretniger Kollegen gegen die Heinsberger Kollegen. Die Fanclubs – also die Kolleginnen und Kollegen – reisen natürlich zur mentalen Unterstützung mit an. Skitouren im Winter und die Hüttentouren im Herbst stärken den Teamgeist.
Wie rekrutieren Sie neue Auszubildende? Gibt es bestehende Kooperationen, z.B. mit Schulen in der Nähe?
Auch hier verbinden sich die Aktivitäten mit der Arbeit an Schulen, dem Projekt „Azubis werben Azubis“, die Messeauftritte und Speed Datings. Natürlich nutzen wir die Angebote der IHK und Agentur für Arbeit. Digital sind wir aktiv bei aubiplus.de und im Lehrstellenatlas der IHK.
Weiterhin beglückwünschen wir öffentlich in Anzeigen das Bestehen der Prüfungen und heißen im gleichen Atemzug unsere Neuen willkommen. Jeden einzelnen und vor allen Dingen namentlich.
Nach den Sommerferien beginnt unsere Akquise für das nächste Jahr. Für den Ausbildungsbeginn August 2015 suchen wir noch Gärtner und Straßenbauer. Die gewerblichen Berufe werden schnell unterschätzt. Die Arbeitszeit beginnt auf der Baustelle und die liegt leider nicht immer vor der Tür. Wer auf der Baustelle gut arbeiten möchte, braucht gute Mathekenntnisse, um z. B. ausrechnen zu können, wie viel Pflaster zu legen ist oder wie viele Bäume zu setzen sind. Bei dem Gärtner ist zusätzliche Kopfarbeit zu leisten, wenn es um 250 Namen von Pflanzen auf Deutsch und Latein, Pflanz- und Schnittzeiten geht.
Womit locken Sie neue Auszubildende? Wie begleiten Sie durch die Ausbildung? Und wie binden Sie diese anschließend an Ihr Unternehmen?
Wir erarbeiten derzeit einen ausgetüftelten Plan für noch mehr Nachwuchssicherung. Die Zielgespräche mit bestehenden Azubis geben darüber qualitativen Aufschluss.
Der Klassiker ist wohl der Zuschuss zum monatlichen Fitnessstudiobeitrag, denn die Jungen pilgern gerne dorthin ☺ Weiterhin bieten wir eine Menge Schulungen an. Nach der Ausbildung gibt berufsgleitende Studiengänge oder die Weiterbildung zum Meister, Unterstützung zu Erlangung des Lkw-Führerscheins und regelmäßige Schulung zur Anpassung des Wissens an die geänderten Ansprüche und Entwicklungen.
Zu Beginn der Ausbildung sprechen wir keine Übernahmegarantie aus – wir wissen ja nicht, wie die jungen Menschen sich entwickeln. Ist die Entwicklung positiv und erfolgreich, zeigen wir gerne Perspektiven auf und freuen uns über guten Nachwuchs. Ganz klar.
Etabliert hat sich die „AF Card“ – unsere firmeneigene Bonuscard. Dort gibt es z. B. Punkte für die Teilnahme an Samstagsschulungen, Verbesserungsvorschläge werden mit Geld- und Sachprämien belohnt.
Nichtsdestotrotz: Ausbildung braucht klare Ansprechpartner – intern wie auch extern. Durch unsere vielen Aktivitäten in der Öffentlichkeit, die in erster Linie durch mich ausgeführt werden, bin ich das Gesicht von Frauenrath, wenn es um Ausbildung und Mitarbeiter geht.
Ganz kurz in eigener Sache … Sie haben unlängst mein Seminar „Coaching in der Ausbildung“ besucht. Was haben Sie von dort mitgenommen? Was ist Ihr größter Aha-Effekt?
Es ist alles so spannend. Die Themen kenne ich eigentlich, eigentlich! Die Zusammenstellung der einzelnen Bausteine und wie diese rüber gebracht werden, ist jedoch neu – authentisch und mit hohem Praxisbezug. Über zwei Tage habe ich die anderen Teilnehmer schon gut kennen gelernt und neue Verbindungen sind entstanden.
Am meisten gefallen haben mir die Berichte aus dem Leben, um es salopp auf den Punkt zu bringen. So viel Input und am Ende waren wir alle stehend k.o. Zwischendurch habe ich das aber gar nicht gemerkt – und das ist wirklich gut. Der Austausch mit und das Beobachten der anderen Teilnehmer als „Daueraufgabe“ hat mir sehr gefallen bei der Reflexion, andere Perspektiven einzunehmen. Als Auftakt fand die Vorstellungsrunde als Interview statt und ich fühlte mich ziemlich schnell in die Gruppe eingebunden.
Frau Steiner ist eine Nummer für sich – energiegeladen und gut gelaunt die ganze Zeit. Ich fühle mich dort sehr gut und vertraulich aufgehoben, denn die Arbeit in ihrem Seminar baut Schwellen ab.
Frau Bautz, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.